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Gaunerzinken: Die Sprache der Diebe?

Was sind Gaunerzinken? 

Gehört hat das Wort „Gaunerzinken“ jeder von uns schon einmal. Und dass es nichts Gutes bedeutet, sagt schon das Wort Gauner. Aber was genau verbirgt sich dahinter?  Zinken bezeichnet man als die geheime Verständigung (Geheimcode). Es sind Laute, Gestik aber auch grafische und nicht grafische Zeichen, die früher oft Diebe verwendeten. 

Vielleicht hat der eine oder andere schon mal die Zeichen gesehen, sich aber nichts dabei gedacht. Ganz so unbedeutend sind sie aber nicht. Im Gegenteil. Man sollte die Augen offen halten und entsprechend reagieren. Die Banden sind oft arbeitsteilig unterwegs. Die Vorhut späht das Objekt aus.

Maskierter Verbrecher bricht ein
Diebesbanden arbeiten oft arbeitsteilig. Ein Teil der Bande kundschaftet das Haus aus. Der andere kümmert sich um den Einbruch. Photo by Fotolia | AA+W

Sie informiert mit den Gaunerzinken in Symbolen an die Hauswand, was für den späteren Einbruchstrupp von Bedeutung ist. Wer lebt in dem Haus? Sind es ältere Bewohner? Leben Haustiere im Haushalt, wie beispielsweise Hunde? Welches Geschlecht haben die Bewohner? Das ist nur ein Bruchteil von Informationen, die der Spähtrupp auskundschaftet. Ist die Arbeit getan, kann der Einbruch stattfinden. 

Woher kommen die Gaunerzinken? 

Bevor das Wort Zinken überhaupt Verwendung fand, wurden im 16. Jahrhundert in Teilen Europas grafische Hinweise beobachtet, die sogenannten Mordbrennerzeichen. Sie umfassten in etwa 340 Zeichen. Sie waren detaillierter als später die Zinken. Mit diesen Zeichen kommunizierten die einzelnen Bandenmitglieder darüber, wie, wo und ob Häuser überfallen, ausgeraubt oder sogar in Brand gesteckt werden konnten. 

Später, im 18. Jahrhundert, und der frühneuzeitlichen Standesgesellschaft werden „Zinken“ (aus dem lateinischen = signum = Zeichen) also Geheimcodes für die nonverbale Kommunikation verwendet.  Besonders die Zinken und die Rotwelsch (Ausdruck für eine Gruppe der Bevölkerung, die ständig unterdrückt wurden), aber auch Bettler, Hausierer, Tagelöhner haben sich diese Art der stillen Kommunikation für Überfall, Einbruch oder gar Brandanschläge zu Eigen gemacht. Diese Zinken nutzen manche noch heute. 

Es gibt verschiedenen grafische Zinken: 

  • Mitteilungszinken 
  • Gaunerzinken
  • Bettlerzinken 
  • Erkennungszinken 
  • Richtungs- und Wegweiserzinken 

Bedeutung der Gaunerzinken 

Im Mittelalter waren Zinken noch eine Art der nonverbalen Kommunikation. Die unterste Schicht nutzte sie, um bei denen, wo es sich lohnt, einzubrechen oder auch deren Häuser in Brand zu stecken. Die Häuser wurden ausgespäht und dann entsprechend an der Hauswand markiert. Zur Markierung wurde Kohle, Kreide oder Rötel (Mineralfarbe, weiche Mischung, bestehend aus Ton, Kreide und Eisenglanz) benutzt. Hatte man nichts zum Markieren, wurde auch in die Hauswand geritzt. 

Zeichen Kreide
Ein positives Zeichen an der Wand. © mabelamber pixabay

Die Zeichen wurden meist an Orten angebracht, die von vielen Leuten besucht und benutzt wurden (Toiletten, Bahnhöfe, Kirchenmauern). Es handelte sich hier um Mitteilungszinken, d. h. die Nachreisenden wurden zum Beispiel darüber informiert, wo man übernachten konnte, wo es kostenlos Essen gibt oder wo man gut betteln konnte. Es war eine Sprache für die, dies es verstanden.

Werden Gaunzinken heute noch benutzt? 

Heute gibt es moderne Zinken im Zusammenhang mit Bettelei oder auch Wohnungs- und Hauseinbrüchen. Früher wurden die Gebäude offensichtlich gekennzeichnet, heute werden sie für die Bandenmitglieder fast unsichtbar markiert. Zum Beispiel wird ein Klebestreifen zwischen Haustür und dem Rahmen geklebt. Ist dieser nach Tagen noch immer unberührt, ist das ein Zeichen für Einbrecher, dass niemand im Haus ist.

So können sie leichtes Spiel haben, da sie keiner stört. Oder sie legen vor die Tür kleine Steine, Blüten oder auch Zweige. Bleiben diese die nächsten Tage unberührt, ist auch dort ein Einbruch möglich. Gearbeitet wird arbeitsteilig. In Banden. Der eine Teil der Mitglieder kundschaftet aus und markiert die entsprechenden Häuser. Ein anderer Teil übernimmt dann den Diebstahl.  Gerade in großen Metropolen wie München, Berlin oder auch Hamburg, wo keiner Notiz nimmt, sieht man ab und zu die Gaunerzinken. 

Anfang 2014 wurden in Norddeutschland vermehrt Gaunerzinken gefunden und auch im Münsterland traten sie vereinzelt auf. Im Lahn-Dill Kreis fanden Bewohner eines Hauses ein Zeichen auf der Klingel. Aufgemalt mit einem Filzstift. Ein X mit einem kleinen Haken am unteren Ende. In „Gaunerkreisen“ deutet dieses Zeichen darauf hin, dass sich hier „ein Einbruch lohnt“. Laut Berichten der Polizei kommen diese Symbole zwar recht selten vor. Auch trotz verschiedener Medien und anderer Kommunikationsmittel kommen auch heute noch Gaunerzinken ab und zu zum Einsatz.

Was tun, wenn man Gaunerzinken entdeckt? 

Gaunerzeichen - Polizei
Wer Gaunerzinken an einem Gebäude sieht, sollte die Polizei verständigen. © Pixabay

An der Hauswand oder am Briefkasten sind merkwürdige Zeichen, dann könnte das ein Hinweis auf Gaunerzinken sein. Auf keinen Fall sollten Bewohner diese Markierung als Schmierereien abtun. Die Zeichen sollte man nicht wegwischen, sondern ein Foto davon machen. Erst dann den Geheimcode beseitigen und in jedem Fall die Polizei verständigen und ihr die Bilder zeigen. Um auch die Bevölkerung vor eventuellen Einbrüchen zu warnen, das ist ja der Sinn der Gaunerzinken, kann die Polizei Hinweise an die Zeitung geben. Auch die unmittelbare Nachbarschaft sollte unbedingt über die Beobachtungen informiert werden, damit auch hier alle Bescheid wissen.

Erläuterungen der gebräuchlichsten Zeichen 

Es gibt eine Vielzahl dieser Gaunerzinken. Aber welche Bedeutung sie haben, das weiß kaum jemand. Kreuze, Striche, Linien. Jeder Kringel, jeder Strich hat eine Bedeutung. Nachfolgend eine kleine Aufstellung von Gaunerzinkenzeichen und deren Bedeutung: 

Gaunerzeichen Diebstahl Gaunerzinken
Beispiele für Gaunerzeichen. © wikipedia
  • zwei Pfeile durch einen Kreis = Abhauen 
  • eine Zickzack-Linie = bissiger Hund
  • Gitter aus zwei senkrechten und einer waagerechten Linie = fette Beute 
  • Gitter aus drei senkrechten und zwei waagerechten Linien = Hoffnung auf das große Geld 
  • Plus = besonders für Trickbetrüger lohnenswert 
  • waagerechte Linie (minus) = hier ist nichts zu holen 
  • ein auf dem Kopf stehendes „T“= hier wohnt eine alleinstehende Person 
  • zwei verbundene auf dem Kopf stehende „T“s= hier leben Senioren, auch bei Trickbetrügern ein sehr beliebtes Symbol 
  • Plus-Zeichen mit Bogen = hier leben nur Frauen 
  • ein einfaches Dreieck = hier leben nur Frauen 
  • diagonale Linie mit 2 Kreisen oben = hier leben nur Männer 
  • Kreis mit Kreuz = hier warnt die Vorhut die restlichen Mitgliedern vor den Hauseigentümern, meinst wohnen hier Polizisten 
  • Kreis mit zwei Pfeilen nach rechts = schnell abhauen, auch hier werden die anderen Mitglieder gewarnt 
  • ein Mond = kommt heute Abend noch mal vorbei 
  • Steinemarkierung (4 Kreise) = Behördenmitarbeiter 
  • schräge Striche nebeneinander = bereits ausgeraubt 
  • ein bogenförmiger Pfeil= hier lohnt es sich 
  • ein X = hier gibt es was zu holen 
  • Kreis mit einem X in der Mitte = hier gibt es nichts zu holen 

Augen offen halten!

Es gibt eine Vielzahl von Symbolen und Zinken, die auch die gleiche Bedeutung haben. Auch wenn die Zinken nicht mehr ganz so verbreitet sind, man sollte trotzdem die Augen offen halten und wenn man merkwürdige Zeichen sieht, ob am eigenen Haus oder am Haus des Nachbarn, sollte lieber einmal mehr die Polizei eingeschaltet werden. Nichts ist schlimmer, als nichts zu tun.